Wir berichten
" Gliggerles" und "Butzle-Lese" (Kinderspiele und Arbeiten für Kinder um 1950 )
[Online seit 15.11.2019]
Kinder haben schon immer gerne gespielt. Daneben war es aber auch selbstverständlich, dass die größeren Kinder in den meist noch landwirtschaftlich geprägten Familien in den Fünfzigerjahren immer in der häuslichen Landwirtschaft oder auf den Feldern mithelfen mussten. So halfen die Kinder im Herbst beim Kartoffellesen mit. Nach dem Kriege sammelte man im Wald „Buchle“ (Bucheckern), aus welchen Öl gewonnen wurde. Man sammelte „Eicheln“ für die Schweine oder man begleitete den Großvater beim „Stumpengraben“, wobei die mühevoll mit der Rotthacke ausgegrabenen Baumwurzeln und Baumstümpfe mit dem Handwägelchen nach Hause gezogen wurden, um nach dem Trocknen den Ofen zu heizen. Im Wald wurden auch „Butzle“ (heruntergefallene Kieferzapfen) in Säcken gesammelt, welche getrocknet, durch das darin enthaltende Baumharz beim „Feueranmachen“ am Morgen gut brannten und auch einen wohlschmeckenden Geruch in der Küche verbreiteten. (Übrigens, weil es inzwischen noch viele Kaminöfen gibt, konnte man sich in einer Zeitungsanzeige in der Schwetzinger Zeitung neulich in einer Anzeige „einen Sack Kiefernzapfen“ für 6 Euro kaufen. (siehe Bild). Freilich führten die Buben im Wald auch gerne „Butzle-Kämpfe“ aus, indem sie sich gegenseitig mit den Kieferzapfen bewarfen. Weitere Mithilfen wurden beim Hasen- und Hühnerfüttern, beim Grasholen für die Ziegen oder kleineren Arbeiten im Viehstall gebraucht.
Beliebte Kinderspiele der damaligen Zeit finden wir in einer Zeichnung des Ketscher Heimatforschers und Buchautors Robert Fuchs ( „Alle Jahre wieder…“, Volksbräuche im Raum Schwetzingen -Hockenheim , Schwetzinger Verlagsdruckerei 1985. S.125). Hier finden wir „Reefels“ ( Treiben einer von Speichen befreiten Fahrradfelge mit einem kurzen Holzstecken),ferner „Danzknopf“ oder „Dänzaless“ . Da wird ein gedrechselter spitzer, meist farbig lackierter Holzkegel mit Hilfe eines Steckens und einer Schnur zum „Tanzen“ (Drehen) gebracht. Dann sehen wir das gefüllte „Gliggerle-Säckel“ auf dem Boden stehen. Drei Buben haben in der Erde ein Loch gemacht, wo schon „Murmeln“, wie man heute sagt, auf der Erde liegen. Mit Hilfe einer „Boll“ ( größeren Metall- oder Glaskugel) versucht man beim Werfen zuerst in der Mitte anzukommen, wobei die angestoßenen gegnerischen „Gligger“ in das eigene „Gliggersäckchen“ verfrachtet werden.
Weitere Hüpf-, Versteck- oder Suchspiele oder das Laufspiel „Wer fürchtet sich vor dem schwarzen Mann“ waren beliebte Beschäftigungen für uns Straßenkinder. Einen Spielplatz gab es nicht. Wir trafen uns auf der fast autofreien (nicht geteerten) Straße oder auf dem unbefestigten Gehweg. Auch der nahegelegene Schulhof diente uns Kirchensträßler Kindern als Treffpunkt.
Philipp Bickle
Fotos: le