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Vom "Puhlwagen" zum Wasserfass

[Online seit 16.09.2019]

Wenn wir im Reilinger Heimatmuseum sind, können wir im Außenbereich noch einen „Puhlwagen sehen“. Er stammt von Landwirt Ludwig Fillinger neben der ehemaligen Synagoge. Mit Pferden oder Kühen wurden im Spät- und Frühjahr, aber auch im Winter, wenn Schnee lag, die häuslichen Abortgruben („Puhlloch“) mit einer großen „Puhlpumpe“ in das große Holzfass auf dem Wagen gepumpt.  Manchmal  war es eine in der Jauche liegende Holzpumpe aus zwei ausgehöhlten Stämmen, wie sie vom Zimmermann Schnabel hergestellt wurden. Später gab es auch hohe, eiserne Pumpen mit Handschwängel und Leitungsverbindung zum Fass. Danach gab es auch elektrische Pumpen. Vorher musste man die Brühe noch umrühren, damit auch der am Grunde sitzende Schlamm ins Fass kam. Natürlich war die Jauche beim Bauern wertvoller zum Düngen, weil hier auch die Flüssigkeiten vom Viehstall und von der „Mistkaut“ (Misthaufen mit Streu- und Mistresten) in die Grube flossen. Mit dem Puhlwagen musste der Bauer manchmal weit bis zu seinem Acker fahren. Wenn das Fass etwas undicht war, hatte er auf seinem Anfahrtsweg schon einen Teil der flüssigen Ladung verloren: das konnte man natürlich der Straße entlang riechen! Ganz böse Buben sollen auch manchmal unbemerkt, den „Puhlzapfen, einen großen hölzernen Rundzapfen, welcher das Fass am Ende zum Entleeren hatte, mutwillig herausgezogen haben, so dass der vorne sitzende Landwirt mit leerem Fass den angestrebten Acker erreicht hatte. (Nebenbei bemerkt: So wie wir von den Ausheimischen „Käskuchen“ genannt werden, so werden die Seckenheimer mit dem Unnamen „Puhlzabbe“ gerufen!)

Bekannt waren die Abortgrubenlehrer  in Tübingen. Über sie wurden viele Witze erzählt. So hätten sie nicht gerne die Abortgruben bei Studenten geleert. Die hätten kaum zum Düngen getaugt, weil die Studenten nicht viel zum Essen hatten. So wäre nur „Studenten-Soizisch“(dünnes Urinwasser) in den Abortgruben gewesen, mit dem man kaum düngen konnte.   

Im Frühjahr und Sommer wurde der „Puhlwagen“ häufig mit Wasser gefüllt. Später gab es dazu extra hoch angebrachte Wasserstellen mit Schlauch im Feldbereich. Dort konnten die Landwirte Wasser fassen zum Angießen der kleinen Tabakpflanzen  mit der Gießkanne beim Setzen. Wenn das Jauchefass dreimal mit Wasser befüllt gewesen war, konnte man angeblich das Wasser auch wieder zum Trinken benützen.

Bild: Familie Anweiler beim Tabakpflanzensetzen mit der Gießkanne   „ Puhlwagenmodell“  (im Reilinger Heimatmuseum) des verstorbenen Karl Rohr aus Neulußheim

Philipp Bickle

Fotos: le

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