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Was die Frauen an täglichen Arbeiten verrichten mussten (1904) ( Teil 2 )

[Online seit 13.09.2022]

„Nach dem Mittagessen räumte ich den Tisch ab. Ich reinigte das gute Besteck usw., räumte das Esszimmer wieder auf, half abtrocknen und räumte das Geschirr ein. Dann blieb mir etwas Zeit, die am Mittag hergestellten Gerichte in mein selbstgeschriebenes Kochbuch einzutragen oder etwas zu lesen.
Dann galt es wieder, den Kaffeetisch besorgen und den Kaffee kochen. Meistens erwachte die Kleinste von ihrem Mittagschläfchen und ich konnte sie waschen und anziehen. Nach dem Kaffee wurde Wäsche ausgebessert, geglättet oder gelegt. Die Hausfrau arbeitete mit, als sie zu Hause war. Darauf ging sie fort und ich erledigte meine restliche Arbeit. Die Zeit nach dem Abendbrot gehörte dann mir. Ich konnte lesen oder schreiben oder auch mit den übrigen Hausgenossen zusammen im Garten oder Wohnzimmer Zeit verbringen. Jeder zweite Sonntag gehörte mir. Ich ging vormittags zur Kirche und konnte nachmittags befreundete Mädchen (!!) besuchen, Klavier spielen usw.  Es wurde mir ein Essen gerichtet, das am Sonnabend schon fertiggestellt werden konnte.
Mehrmals konnte ich auch ein Konzert  oder Vergnügen besuchen. Konnte ich nicht mit meiner Herrschaft gehen, wurde von dieser für Anschluss an eine befreundete Familie gesorgt. “
In das Programm jeden Vormittag war eine bestimmte Reinigungsarbeit eingeschoben. Montag: Aufräumen des Salons, Dienstag: Fremdenstuben und Boden, Mittwoch: Speisekammer und Keller, Donnerstag: Habe ich mir den Ofen, die Türen und die Wände, vorgenommen. Sonnabend kamen die Teppiche und die Küche zur gründlichen Reinigung an die Reihe.
Ich durfte schon nach dem ersten Vierteljahr meiner Lehrzeit fast alles vollständig kochen. Hatte ich etwas schlecht gemacht, so wurde ich eindringlich getadelt, war ich sehr fleißig und sorgfältig gewesen, bekam ich freundliches Lob. Heftig oder launisch war meine Dame niemals. Sie selbst arbeitete sehr flott und flink, und dasselbe gewöhnte ich mir auch mit der Zeit an.
Es wurde mir immer darauf geachtet, dass ich meine Kleider und Wäsche in guter Ordnung hielt. Es ist immer ein schlechtes Zeichen für die Hausfrau, wenn das unter ihr lernende Mädchen ihre Sachen vernachlässigt oder vernachlässigen muss. Das Schlafzimmer räumte die Hausfrau selbst auf, auch durfte ich niemals den Kindern etwas nachräumen. Tat ich es freiwillig, so wurde mir´s hoch angerechnet, aber niemals als etwas Selbstverständliches hingenommen.
In den späteren Jahren erinnerte ich mich daran, dass es die glücklichste Zeit meines Lebens war. Was man daraus lernt, ist fürs ganze Leben von Nutzen!

Quelle:  „Für´s Haus“, Praktisches Wochenblatt für alle Frauen, Sonntag, den 20.November 1904, als Clara von Studnitz, Berlin , Nummer  23. Jahrgang Nr. 8                                              
Bild von Fotografin Krull: Dienstmädchen zum Frauenkaffetrinken (Reilinger unbekannte  Mädchen um 1930)  Frühere Wascherei früher mit „Sunlight Seife“ ( aus der Berliner  Illustrierten)                                    
Philipp Bickle

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