Gemeinde Reilingen

Seitenbereiche

Volltextsuche

Was suchen Sie?

RSS

Facebook

Kontrast

Schriftgröße:

Seiteninhalt

Wir berichten

Was Schüler um 1906 von den Kartoffeln wussten!

[Online seit 03.06.2022]


(Am 1. Juni 2022 wurden dieses Jahr die ersten Frühkartoffeln geerntet!)


„Es gibt wohl kaum ein nützlicheres Gewächs als die Kartoffel, auch Erdapfel oder Erdbirne genannt. In ihre Heimat ist in Amerika, wo sie heute noch wild wächst….
Trotz alledem wird sie aber doch wegen ihrer an den Wurzeln sitzenden Knollen von jedermann hoch geachtet; denn sie ist nicht nur die Gewohnheitsspeise der Armen, sondern liefert auch den Reichen wohlschmeckende Gerichte. Sie ist ein wichtiges Nahrungsmittel für unsere Haustiere. Sie missrät fast in keinem Jahre ganz und liefert bei wenig Aufwand reichlichen Ertrag. Außer zur Nahrung für Menschen und Tiere findet die Kartoffel noch mancherlei andere Verwendung. Man gewinnt aus derselben das Stärkemehl. Große Massen dieser Frucht werden ferner alljährlich zur Spiritusbereitung verwendet.
Die Kartoffel wächst aus einer Setzkartoffel, aus wohl einer Hälfte derselben oder gar aus einem bloße „Auge“. Gesät werden die Kartoffeln selten. Doch ist der Samen leicht zu bekommen: er findet sich in den beerenförmigen Früchten. Das Stecken geschieht entweder gleich hinter dem Pfluge her, oder indem man reihenweise Löcher in die Erde hackt und Setzkartoffeln hineingelegt. Hierauf lässt man sie wachsen, bis das Kraut etwas handlang ist, dann müssen sie gehackt und gehäufelt werden. Im Monat August werden die Frühkartoffeln reif; aber man muss sich sehr hüten, sie allzu früh zu genießen, denn unreife Kartoffeln sind giftig.  Gegen den Michaelistag („ 29. Sept.“) fängt man an, alle Sorten auszumachen, denn das Kraut ist dann größtenteils abgestorben, und die Blätter sehen bisweilen schon schwarz aus.
Dann ziehen alle in der Frühe auf den Acker; die Männer hacken die Kartoffeln mit einer Kartoffelhacke mit vier Zinken oder versuchen sie mit einem Spaten auszugraben.
Die Weiber und die Kinder lesen sie in die Körbe und schütten sie in die Säcke.

"Reklame für Frühkartoffel" aus einer Berliner illustrierten von 1903

Von dem Kartoffelstroh machen die Kinder Feuer an; denn um diese Zeit ist es schon kalt. Auch brät man sich gern einige Kartoffeln in der heißen Asche. Am Abend, wenn alle Säcke gefüllt sind, kommt ein Wagen, um sie abzuholen. Zu Hause werden sie dann sogleich in den Keller geschüttet; denn die Kartoffeln können den Frost nicht vertragen. Gefrorene Kartoffeln schmecken widerlich süß und faulen bald.
Die Kartoffeln sind mancherlei Krankheiten unterworfen, eine sehr gefährliche ist die sogenannte Kartoffelpest, welche durch einen Pilz erzeugt wird. Sehr gefährlich wird den Kartoffelfeldern der gefürchtete Koloradokäfer (Kartoffelkäfer!! Später im 2. Weltkrieg wurden diese angeblich vom Flugzeug abgeworfen!).
Die Kartoffelpflanze wächst sehr zahlreich. Sie gehört zur Familie der Nachtschattengewächse und ist mit ihren giftigen, hochroten Beeren, mit der gefährlichen Tollkirsche oder Wutbeere, dem Stechapfel und der Tabakpflanze zu vergleichen
Fotos: Philipp Bickle
Quelle: Kartoffel und Schule (Wissens und der Bildung für Selbstunterricht, August Schultze Verlag, Berlin SW, 1906.  (Titel: Große deutsche Aufsatzschule, verfasst von M. Übelacker, 12. Auflage)
Bild „Reklame für Frühkartoffel“ aus einer Berliner illustrierten von 1903
Reilinger Foto: Anna und Wilhelm Astor (Links), dann Wilhelm und Hans Schuppel (um 1955) beim Kartoffeleinsammeln
 

Anna und Wilhelm Astor (Links), dann Wilhelm und Hans Schuppel (um 1955) beim Kartoffeleinsammeln
Anna und Wilhelm Astor (Links), dann Wilhelm und Hans Schuppel (um 1955) beim Kartoffeleinsammeln

Weitere Informationen

Archiv - Ortsgeschichte

Hier können Sie ältere Artikel zum Thema Ortsgeschichte nachlesen.

Jahr 2003
Jahr 2004
Jahr 2005
Jahr 2006
Jahr 2007
Jahr 2008