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Kaffeesurrogat oder vom Bohnenkaffee-Ersatz (Teil 2)

[Online seit 05.10.2020]

Bohnenkaffee war für „normale Bürger“ früher immer teuer. Deswegen suchte man immer, und in Notzeiten immer mehr, nach einem Ersatzgetränk. In Notzeiten wurde der Bohnenkaffee auch „gestreckt“, indem man ihn mit weiteren gerösteten Pflanzenteilen vermischte. So wurden z. B. Feigen, Eicheln, Bucheckern, und Kastanien verwendet. Teilweise wurden sogar Kerne oder Steine von Obstsorten verwendet. So versuchte man sich  u.a. mit Möhren, Dattelkernen, Traubenkernen, sogar Spargeln, Hagebutten, Kartoffeln oder Zuckerrüben. Auch Getreide wie Korn, Gerste und Hafer röstete man in geeigneten Gefäßen Zuhause in einem „Kaffeebrenner“, wie wir ihn heute noch im Heimatmuseum (siehe Bild) sehen können. 

runder Kaffee-Röst-Apparat für ungebrannten Bohnenkaffee oder in Notzeiten für Gerste usw.
runder Kaffee-Röst-Apparat für ungebrannten Bohnenkaffee oder in Notzeiten für Gerste usw.

Um 1900 lesen wir in einem Kochbuch ( „Das Hauswesen“ von M. S. Kübler, Richard Schmidt Verlag, Leipzig-R, S. 85) : „ Von den verschiedenen Kaffeesurrogaten, wie Cichorien,  Mandelkaffee und dergleichen sollte die Hausfrau keine Notiz nehmen müssen, wenn nur die wohlgefüllte Kasse statt solcher Surrogate den bedeutenderen Aufwand an Kaffee ermöglichen würde. Das beste, unverfälschte Aushilfsmittel bleibt immer die gut getrocknete Cichorienwurzel, die man wie Kaffee röstet und mahlt. In neuerer Zeit wird als Surrogat der Feigenkaffee empfohlen.“

Sammlung von
Sammlung von "Kaffeh-Heffe" (Mehrzahl von "Kaffeh-Haffe")

Mir selbst bleibt noch in Erinnerung, wie wir um 1950  tagtäglich abends den blauen „Lindes-Kaffee“ auf dem Holzherde zubereitet haben. Der  grob gemahlene Kaffee  (ca.  2 Esslöffel voll) kam in einen Topf mit ca. zwei Liter Wasser. Er wurde auf das Feuer gestellt und zum Kochen gebracht. Danach blieb der Kaffee etwa eine halbe Stunde  lang ruhig auf dem Herd stehen,  bis der “Kaffeesatz“ sich gesetzt hatte. Dann wurde der Kaffee mit einem  Schöpflöffel vorsorglich durch ein  feines Metallkaffeesieb in die emaillierte Kaffeekanne  („ Kaffeh-haffe“) umgefüllt und auf dem Ofen warmgehalten. Nun saßen wir alle am Abendtisch. Es gab warme Pellkartoffeln mit Butter. Abends wurden  ja regelmäßig immer ( Säu-) Kartoffel als Schweine- und als Hühnerfutter gekocht!  Der Kaffee wurde mit Süßstoff, oder so man hatte, mit Zucker gesüßt und mit Ziegenmilch trinkbar gemacht. Tagsüber wurde der kalte Kaffee, wenn Mutter es nicht sah, direkt aus der „Schnaube“ (Tülle) der Kaffeekanne getrunken. Manchmal war aber doch noch ein wenig Kaffeesatz im Getränk.  Brr! Brr!!  

 

Philipp Bickle/Fotos: Philipp Bickle

Soldat des 1. Weltkrieges am Kaffeetisch mit Kaffeekanne und Gugelhupf
Soldat des 1. Weltkrieges am Kaffeetisch mit Kaffeekanne und Gugelhupf

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