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Als es in Reilingen noch keinen "Physikus"(Arzt) gab

[Online seit 31.08.2020]

In Reilingen gab es im Jahre  1901 (nach Recherchen von Friedrich Kief) zum ersten Mal einen eigenen Arzt.  Zuvor gab es aber schon einen „Physikus“ in den nahegelegenen Städten oder Dörfern. Emil Frommel, welcher von 1850 bis 1853 evangelischer Vikar und später Pfarrer in Altlußheim war, berichtet dass der Arzt “drei Stunden weit weg wohnte“ oder „  dass man in der Nacht mit dem Nachen über den Rhein nach Speyer zum Arzt musste“.  Noch viel früher halfen sich die Menschen mit einfachsten Mitteln selbst. Wer lesen konnte, wurde auch in einigen Druckschriften fündig, wobei er sicher nach Ratschlägen von manchen „Wunderärzten“ wohl noch kränker wurde, als er  zuvor war.

Ein Beispiel haben wir in dem Buch  „Des Haus=Feld=Artzney=Koch=Kunst= und Wunder=Buchs von bewährten Artzneyen, sowohl für Manns=als Weibs=Personen / alle Glieder deß Menschlichen Leibes betreffend“ (Dresden, 1682) über das Nasenbluten gefunden. Neben dem Tipp einen kalten Umschlag zu machen, soll auch „frischer Saumist, oder in einer Pfanne geröstet“ unter die Nase gehalten helfen. Aber auch den „Sack des Gemächts“(Hodensack) in Essig oder kalt Wasser „gehenckt“ soll Abhilfe bringen.

Im  fortschrittlichen Kalender des Deutschen Schulvereins von 1895 ( Wien, Verlag Pichler & Sohn, S. 158 ff.) lesen wir: „ Von kalter Abklatschung, Abreibung, Einschlagung,
„Die kalte Einschlagung, welche von einem gut eingelernten Heildiener oder den Angehörigen des Kranken selbst vorgenommen wird, ist ein ausgezeichnetes Mittel, um die starke Fieberhitze des Kranken (vorzüglich bei Nervenfieber, Masern und Scharlach) und damit auch die Gefahr für sein Leben zu vermindern. Die starke Fieberhitze des Kranken erkennt man an den hochrothen Wangen, der brennenden Stirn, dem Phantasieren;  noch genauer, wenn man mit der flachen Hand die Haut der Achselhöhle anfühlt, und ganz genau, wenn man die Hitze in der Achsel mit dem Thermometer misst. Die kalte Einpackung oder Einschlagung wird folgendermaßen vorgenommen: Entweder macht man diese in dem Bette, worin der Kranke augenblicklich liegt, und dann wird er während der Herrichtung auf ein Sofa oder in ein anderes Bett gelegt, oder es wird ein zweites Bett ganz dicht an das Bett des Kranken angesetzt und dann auf diesem zweiten Bettet die Einschlagung vorgenommen. Auf die mit dem Betttuche bedeckte Matratze wird eine wollene Decke oder Tuch oder Steppdecke lang ausgebreitet, und auf  dieses Tuch wird dann ein in kaltes Wasser getauchtes, aber völlig ausgewrungenes ( so , dass kein Tropfen mehr herabträufelt) Leintuch ( Betttuch) glatt aufgelegt. Nun wird der Kranke ganz nackt auf dieses kalte Leintuch gelegt, so dass der Kopf über dasselbe hinausragt, und hierauf rasch das Leintuch von beiden Seiten über den Körper geschlagen; die Beine werden nicht zusammen, sondern jedes einzeln mit je einem Ende des Tuches eingeschlagen, damit auch die Innenfläche der Beine abgekühlt wird. Waren die Füße vor der Einschlagung kalt, so lasse man diese von der Einschlagung frei. Sobald der Kranke in dem nasskalten Leintuche eingeschlagen ist, schlage man das darunter liegende wollene Tuch in derselben Weise um seinen Körper und drücke es dicht an, wobei man des Kopf ebenfalls frei lässt. Ist das Gesicht und die Stirne sehr heiß, so lege man über die Stirn und den Kopf einen kalten Umschlag. …. Dies wiederhole man einige Male.
Ist die Haut etwas zu stark abgekühlt worden, so dass sie sich nach der Einschlagung sehr langsam wieder erwärmt und der Kranke noch längere Zeit danach mit den Zähnen klappert, so hülle man ihn wärmer ein. Will die Haut gar nicht wieder wärmer werden, so legt man Wärmflaschen oder Wärmsteine an den Körper!“

Quelle:  Abb. 25 aus „Meine Wasserkur“( Seb. Kneipp 1892)
Philipp Bickle/Fotos: le

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