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Ein Ende der gespenstischen Stille

[Online seit 25.07.2017]

Imkerin Karin Özbilen und KraichgauKorn® Bauer Jürgen Schell kämpfen im badischen Reilingen gemeinsam gegen das Bienensterben
Auf den Feldern von KraichgauKorn® Bauer Jürgen Schell vibriert im Frühjahr und Sommer die Luft vom Summen der Bienen. Mit gelben Blütenpollen bepackt, fliegen hunderte der goldbraunen Sammlerinnen zielstrebig zwischen ihrem Stock auf dem Hof von Jürgen Schell und den Kornfeldern hin und her. „Hier fühlen sich meine Honigbienen wohl“, strahlt Imkerin Karin Özbilen. Jürgen Schells Kornfelder sind frei von Pestiziden und daher mit vielen Wildkräutern durchsetzt. Seine Felder sind zudem durch Blühstreifen abgeteilt. „Dadurch finden meine Bienen über viele Monate hinweg genug Pollen und Nektar“, sagt Karin Özbilen.
An vielen anderen Orten herrscht gespenstische Stille. „Die Bienen sterben nach wie vor“, beobachtet die Imkerin. „Deutschlandweit haben 20% der Bienenvölker den Winter nicht überlebt, das ist doppelt so viel wie normal. Meinen Völkern geht es Gott sei Dank gut!“
Die Folgen des Bienensterbens sind gravierend, nicht nur für die Natur, sondern auch für die Wirtschaft und uns Verbraucher. Bienen bestäuben nach Angaben des Deutschen Imkerbunds 80% unserer Nutz- und Wildpflanzen und erwirtschaften weltweit 70 Mrd. € pro Jahr. Geht das Bienensterben weiter, werden Gemüse und Obst zu einem knappen Luxusgut.
„Die Ursachen für das Verschwinden der Bienen sind komplex, aber gegen die wichtigsten, den Befall durch die Varroamilbe und den immer knapper werdenden Lebensraum für Bienen können wir Imker und Landwirte etwas tun“, meint Karin Özbilen. Sie achtet mit Hilfe des Bieneninstituts in Hohenheim sorgfältig darauf, einen eventuellen Befall durch Milben sofort zu bekämpfen und sorgt dafür, dass ihre Bienen genug Honig be- und eventuell Zusatznahrung erhalten, um stark und gesund zu bleiben.
Zu wenig Lebensraum
Nahrung ist für Bienen zu einem knappen Gut geworden. Sie brauchen dafür viele verschiedene Pflanzen, die zu unterschiedlichen Zeiten im Jahr blühen und die gibt es auf unseren, von Monokulturen beherrschten landwirtschaftlichen Flächen, kaum noch. Dazu kommt der hohe Einsatz von Pestiziden. Bauer Jürgen Schell. „Die meisten Landwirte sind aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen, intensive Landwirtschaft zu betreiben und das heißt, mit Chemie alles abzutöten, was das Gedeihen der Nutzpflanzen behindert. Auf diesen Feldern wächst außer Getreide oder Mais nichts mehr.“ Dort finden die Bienen weder Nektar noch Pollen, belasten sich jedoch mit Pestiziden, nicht nur durch die Pollen, sondern auch durch die Wassertropfen, die Pflanzen abgeben; diese trinken Bienen gerne. „In der Folge sterben sie oder leiden unter neurologischen Ausfallerscheinungen“, beobachtet Imkerin Karin Özbilen. „Sie verlieren die Orientierung, finden nicht mehr zu ihrem Volk zurück oder können die Information, wo sie die Pollen sammeln konnten, nicht an die anderen Flugbienen weitergeben.“ Das könne zum Tod eines Volkes führen, weil nicht mehr genug Nahrung herbeigeschafft wird. Forscher der Universität Mainz fanden zudem heraus, dass sich Insektizide negativ auf die Brutpflege auswirken.
Platz für alle
Jürgen Schell hat Verständnis für seine Kollegen, die, um zu überleben, intensive Landwirtschaft betreiben, „aber für mich ist das der falsche Weg“. Bauer zu sein, heißt für mich nicht gegen sondern mit und für die Natur zu arbeiten. Und deshalb verzichtet er auf seinen Kornfeldern auf Pestizide und bestellt die Felder so, dass dort das ganze Jahr über Wildkräuter wachsen und Nahrung für Insekten wie Bienen bieten. „Als Mitglied der regionalen Marktgemeinschaft KraichgauKorn®, durch die ich faire Preise erziele, kann ich mir diesen nachhaltigen Anbau auch wirtschaftlich leisten.“
Jürgen Schell schätzt Bienen als Teil der Schöpfung, die er gerne bewahren will. Imkerin Özbilen war schon immer von Bienen fasziniert: „Ich staune jedes Jahr aufs Neue, wie meine Völker bis zum Sommer wachsen und dennoch ohne Stress auf engstem Raum zusammenleben.“ Ein Volk umfasst im Sommer bis zu 40 000 Bienen. Natürlich genießt sie auch den Honig, den sie gewinnt. Und dieser hatte dieses Jahr eine ganz besondere Zusammensetzung. Das Bieneninstitut Hohenheim fand darin Pollen der fast ausgestorbenen Kornblume. Der Honig beweist, dass sie auf den Feldern von Jürgen Schell wieder gedeiht und Özbilens Bienen dort Nahrung finden. Jürgen Schell ist auf das Untersuchungsergebnis stolz: „Der Honig zeigt, dass wir Landwirte und Imker zusammen etwas bewirken können, für uns, die Bienen und die Natur.“
Rita Spatscheck
Foto: Schell

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