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Professor Dr. Christian Schaaf ist neuer Ärztlicher Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg

[Online seit 15.07.2019]

Umfassender Blick ins Genom mit neuen Techniken zum Wohle der Patienten / Genetische Ursachen der Autismus-Spektrum-Störung als neuer Schwerpunkt

Nach 14 Jahren schließt sich der Kreis: Professor Dr. Christian Schaaf hat die Nachfolge von Professor Dr. Claus R. Bartram als Ärztlicher Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg angetreten und kehrt damit an seinen Studienort zurück. Zuletzt hatte der 41-Jährige nach 13 Jahren in den USA die Patientenversorgung am Humangenetischen Institut des Universitätsklinikums Köln geleitet. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind die Genetik neurologischer und psychiatrischer Erkrankungen, dazu zählen z.B. geistige Entwicklungsstörungen und Autismus, sowie erblicher Tumorerkrankungen. Unter seiner Leitung soll das umfassende diagnostische Spektrum und Beratungsangebot des deutschlandweit größten humangenetischen Instituts weiter ausgebaut und an aktuelle Entwicklungen des Faches angepasst werden. „Mit den neuen Möglichkeiten der Genomanalyse steht ein technologischer und methodischer Wandel an, den ich mit den Kolleginnen und Kollegen am Institut angehen möchte“, so Schaaf. „Unser Ziel ist es, aus dem nun möglichen umfassenden Blick ins Erbgut verantwortungsvoll die bestmögliche Versorgung für die Patienten abzuleiten.“

Professor Dr. Christian Schaaf, Ärztlicher Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg
Professor Dr. Christian Schaaf, Ärztlicher Direktor des Instituts für Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg

Ausführliche Beratung muss sein: „Humangenetik ist keine Hochdurchsatzmedizin“

Profitieren werden von den neuen Methoden der Genomanalyse insbesondere die Patienten mit unklaren Erkrankungen, bei denen die bisher gängige Abklärung einzelner krankheitsrelevanter Gene häufig keine Ergebnisse brachte. Dabei handelt es sich oft um Kinder mit Entwicklungsstörungen. Allein bei den Autismus-Spektrum-Erkrankungen sind inzwischen hunderte Gene bekannt, die das Auftreten dieser Gruppe von Erkrankungen begünstigen. Derzeit ist häufig keine Therapie möglich. „Endlich eine Diagnose und damit Gewissheit zu haben, ist aber ein bedeutender Schritt und kann eine große Entlastung für die Eltern darstellen. Darüber hinaus ist das Verständnis der Krankheitsursache wichtig für die weitere Familienplanung oder auch um sich mit anderen betroffenen Familien zu vernetzen. Dieser Austausch kann sehr heilsam für die gesamte Familie sein“, schildert Schaaf seine Erfahrungen. Zudem gebe es Grund zur Hoffnung, dass bei einer zunehmenden Anzahl neuropsychiatrischer Erkrankungen in den kommenden Jahren Therapien zu Verfügung stehen werden, welche anhand eines genauen Verständnisses der zugrunde liegenden molekularen Mechanismen entwickelt wurden.

Gleichzeitig erfordere der intime Blick ins Genom einen sehr umsichtigen Umgang mit den gewonnenen Informationen, wie Professor Schaaf betont: „Unsere Aufgabe ist es, im Gespräch mit dem Patienten sehr genau zu klären, was er oder sie wissen will und entsprechend gezielte Analysen vorzunehmen. Genauso wichtig ist es aber auch zu definieren, was der Patient nicht wissen will, denn Untersuchungen des Genoms können auch Information zu Tage bringen, die über die aktuelle Erkrankung des Patienten hinausgehen. Die Entscheidungsfindung gemeinsam mit den Patienten kostet Zeit und Einfühlungsvermögen: Humangenetik kann daher nie eine Hochdurchsatzmedizin sein.“

„Genetische Berater“ sollen Sprechstundenangebot erweitern und Wartezeiten abbauen

Die Förderung des Nachwuchses durch moderne und interaktive Lehre ist ein großes Thema für Professor Schaaf – nicht zuletzt aufgrund eigener Erfahrung: „Ich wäre nie Humangenetiker geworden, wenn mein Vorgänger, Herr Professor Bartram, nicht so ein guter Lehrer gewesen wäre. Seine Vorlesungen hier in Heidelberg haben bei mir die Begeisterung für die Humangenetik geweckt.“ Aktuell praktizieren deutschlandweit rund 300 Humangenetiker. Gleichzeitig wächst der Bedarf nach humangenetischer Diagnostik und Beratung kontinuierlich, nicht zuletzt weil zunehmend erbliche Komponenten zahlreicher Erkrankungen entdeckt werden, z.B. bei Krebserkrankungen. Der steigende Bedarf kann nur zum Teil durch die nächste Generation von Ärzten gedeckt werden. Eine Idee, um die Versorgungssituation zu entspannen, brachte Schaaf aus den USA mit: Dort bestreiten speziell in Gesprächsführung und Psychologie geschulte „Genetic Counselors“ im Team mit Humangenetikern die Sprechstunden. Schaaf will sich nun auf nationaler Ebene dafür einsetzen, dieses Berufsbild auch in Deutschland zu etablieren.

In der Forschung ist ihm vor allem der direkte Patientenbezug sehr wichtig mit dem Ziel, die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern – sei es durch eine Therapieempfehlung oder ein besseres Verständnis der Erkrankung. Dazu will Schaaf insbesondere die Forschung mit sogenannten pluripotenten Stammzellen weiter ausbauen. Diese können aus Haut- oder Blutzellen der Patienten mittels Reprogrammierung gewonnen werden und dann im Labor zu bestimmten Geweben wie beispielsweise Nervenzellen heranreifen. Daran lassen sich die Auswirkungen von genetischen Veränderungen auf die Nervenfunktion untersuchen und z.B. die Beeinträchtigungen betroffener Kinder besser verstehen. Auch den genetischen Ursachen von Tumorerkrankungen will sich Schaaf verstärkt widmen: „Ich freue mich schon sehr auf die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen NCT, am Deutschen Krebsforschungszentrum und innerhalb des Universitätsklinikums.“

Zur Person

Christian Schaaf, geboren 1978 in Speyer, aufgewachsen in Reilingen, studierte Medizin in Heidelberg, wo er bis 2005 am Institut für Humangenetik zum Thema Tumorgenetik promovierte. Von dort führte ihn sein Weg nach Texas, USA, wo er am Baylor College of Medicine in Houston seine Facharztausbildung absolvierte und ab 2010 als Assistant Professor am Department of Molecular and Human Genetics tätig war. 2017 übernahm er eine Stiftungsprofessur für neuropsychiatrische Genetik am Texas Children’s Hospital. 2018 kehrte er schließlich nach Deutschland, ans Universitätsklinikum Köln, zurück und nahm zum 1. April 2019 den Ruf an das Heidelberger Institut für Humangenetik an. Schaaf entdeckte die genetischen Ursachen mehrerer Erkrankungen, von denen zwei nach ihm benannt sind: das Schaaf-Yang Syndrom und das Bosch-Boonstra-Schaaf Optikusatrophie Syndrom. Schaaf ist Autor des Lehrbuchs „Basiswissen Humangenetik“ und wurde mit zahlreichen Preisen unter anderem von der Harvard Medical School und der American Society for Clinical Investigation ausgezeichnet.

Größtes Zentrum für humangenetische Diagnostik, Beratung und Forschung in Deutschland

Das Team des Instituts für Humangenetik ist mit rund 100 Mitarbeitern in zwei Abteilungen und Genetischer Poliklinik in den Bereichen Krankenversorgung, Forschung und Lehre aktiv. Die ärztlichen Leistungen umfassen pro Jahr rund 2.500 Patientenkontakte und mehr als 50 Konsildienste. Dazu kommen in der molekulargenetischen Diagnostik jährlich ca. 1.750 Chromosomen- und weitere ca. 2.000 Genomanalysen. Die genetische Beratung steht allen Personen offen, die selbst eine genetisch bedingte Erkrankung haben oder für sich oder ihre Nachkommen befürchten. Die Schwerpunkte sind unter anderem neurogenetische Erkrankungen, Tumorgenetik und erbliche Krebserkrankungen wie z.B. Brust-, Eierstock- und Darmkrebs. Das Institut ist Referenzlabor für die molekulargenetische Therapiekontrolle bei der Akuten Lymphatischen Leukämie (ALL) bei Kindern sowie- gemeinsam mit der Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Fertilitätsstörungen des Universitätsklinikums Heidelberg - eines von zwei Zentren für Präimplantationsdiagnostik (PID) in Baden-Württemberg.

Foto: Universität Heidelberg 

 

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