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"Alleine können wir das nicht schaffen"

[Online seit 31.03.2020]

Es gibt vieles, was in diesen außergewöhnlichen Tagen, wo die Corona-Krise den Takt vorgibt, warten kann. Eine Spargelernte indes, kann nicht verschoben werden. Nach einem mild ausgefallenen Winter steht die Region vor einem frühen Erntestart. Bis zu den Ostertagen sollen die ersten Freilandspargel auf den Markt kommen. Für die Erzeuger ist das keineswegs ein Grund zur Freude, denn dringend benötigte Erntehelfer und Saisonkräfte aus osteuropäischen Ländern kommen wegen der Corona-Pandemie nicht ins Land. Ein am Mittwoch verhängter Einreisestopp bringt nicht nur vielfach die Ernte in Gefahr. So mancher Erzeuger sieht sich gar in seiner Existenz bedroht.

Saisonaus, noch bevor sie begonnen hat
 
„Gestern war die Landwirtschaft noch als systemrelevante Infrastruktur anerkannt, und heute werden unseren Betrieben die notwendigen Arbeitskräfte verweigert“, zeigt sich Peter Geng entrüstet. Er ist Vorsitzender des Förderkreises Spargelbau und mit den Sorgen seiner Erzeugerkollegen bestens vertraut. Die Landwirte seien bereit, alle erforderlichen Maßnahmen in Produktionsablauf, bei Unterbringung und Verpflegung zu ergreifen, um eine Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Mit dem sicher lobenswerten Hilfsangebot von Jugendlichen, frei gestellten Kellnern oder Gastronomen, sei die Ernte nicht zu schultern. „Das kann nicht funktionieren“, ist Peter Geng überzeugt. Viele wüssten nicht, auf was sie sich da einlassen und kämen, mit der schweren Arbeit nicht vertraut, sehr schnell an ihre Leistungsgrenzen. Einige könnten ihre Hilfe nur zu bestimmten Tageszeiten anbieten und scheuten einen sehr frühen Arbeitsbeginn. Die zu erwartende ständige Fluktuation erhöhe die Infektionsgefahr innerhalb der Arbeitsteams. „Und was machen wir, wenn die Universitäten mitten in der Ernte wieder ihre Lehrsäle oder die Lokale öffnen“? Dann seien die Betriebe alleine auf sich gestellt. Einen Einbruch erwartet Geng auch auf Verbraucherseite. „Es fehlen die Abnehmer“. Kantinen und Restaurants hätten geschlossen. Private Verbraucher und Freiberufler müssten wegen Kurzarbeit oder in ihrer Existenz gefährdet mit dem Geld sparsamer umgehen.
Für seinen Hof am „Reilinger See“ hat Landwirt Peter Geng deshalb die Reißleine gezogen. Er ebnet seine Spargeldämme wieder ein und lässt für seinen Erzeugerbetrieb die diesjährige Spargelsaison ausfallen. Denn „alleine können wir das nicht schaffen“.

Landwirt Peter Geng ebnet am Freitag die aufgeworfenen Spargeldämme wieder ein. Für ihn fällt die Erntesaison 2020 aus.
Landwirt Peter Geng ebnet am Freitag die aufgeworfenen Spargeldämme wieder ein. Für ihn fällt die Erntesaison 2020 aus.

Notbetrieb mit neun von 25 Erntehelfern
 
Mit gemischten Gefühlen beobachtet auch Landwirt Klaus Schröder die täglich wechselnde Lage. Ihm ist es mit einiger Mühe gelungen, wenigstens einen kleinen Teil seiner osteuropäischen Erntehelfer für sein Hofgut in der „Fröschau“ zu rekrutieren. Das sei aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Für unsere Spargelflächen benötigen wir eigentlich rund 25 Hilfskräfte, momentan können wir aber nur über lediglich neun verfügen“. Mit dem reduzierten Helferstamm versuche man „zu leisten, was zu leisten geht“. Die Grundversorgung mit Spargel sehe er jedoch für die Verbraucher als gesichert an.
Noch ist Klaus Schröder zuversichtlich, dass sich die aktuell kritische Situation in absehbarer Zeit etwas entspannt und sich die Grenzen für die ausländischen Erntehelfer wieder öffnen. Denn bis in vier Wochen komme noch der Arbeitskräftebedarf für die beginnende Erdbeersaison dazu. Die Ernte der leckeren, roten Früchte sei nur mit der Unterstützung von mindestens 120 bis 130 Hilfskräften zu schultern.

Unter Folie sprießen die begehrten Spargelstangen. Kurz vor Saisonstart fehlt es an genügend Erntehelfern.
Unter Folie sprießen die begehrten Spargelstangen. Kurz vor Saisonstart fehlt es an genügend Erntehelfern.

Schwierige Suche nach Ersatz
 
Mit Sarkasmus behilft sich Landwirt Rainer Astor. „Für die diesjährige Spargelernte sehe ich schwarz, wobei schwarz noch zu hell ist“. Um seine Spargelfelder fachgerecht bewirtschaften zu können, benötigt er rund zehn zuverlässige Erntehelfer. Auch seinen Betrieb trifft der Einreisestopp der osteuropäischen Helfer hart. Bislang habe er sich vergeblich darum bemüht, aus dem Kreis der deutschen Bewerber Ersatz zu engagieren. „Viele Freiwillige, die sich jetzt melden, haben ein Problem mit den körperlich fordernden Arbeitsbedingungen oder überzogene Lohnvorstellungen“, schildert er seine Erfahrungen. Aufgeben kommt aber für Astor nicht in Frage. Notfalls müsse er sich eben beim Spargelstechen auf einige wenige Reihen beschränken.  „Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, werde ich kaum in der Lage sein, den Bedarf meiner Kunden in der Verkaufsstelle Kirchenstraße 24 vollständig zu decken“, weiß Astor schon heute. (jd)
 
Fotos: jd

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