Aktuelles aus der Kirche
Der Neubau des "Martin-Luther-Hauses" ist vollendet
[Online seit 08.06.2020]
Offizielle Einweihungsfeier erst zu einem späteren Zeitpunkt
Architekt und Kirchengemeinde hatten sich frühzeitig festgelegt: Am Palmsonntag, 05. April, soll das in 18 Monaten Bauzeit neu errichtete kirchliche Gemeindezentrum, das „Martin-Luther-Haus“, eingeweiht werden. Es sollte ein erster Höhepunkt zum Auftakt des 200 jährigen Kirchenjubiläums sein. Doch das Corona-Virus hat bekanntermaßen dafür gesorgt, dass die schon öffentlich angekündigten Feierlichkeiten wieder abgesagt werden mussten.
Das schon Ende Februar an die evangelische Kirchengemeinde übergebene neue Gebäude soll nach den Pfingstferien endlich auch offiziell genutzt und vorsichtig für Gruppen und Kreise, aber auch für Vermietungen geöffnet werden. Schon am Sonntag, 14. Juni wird aus dem neuen Gemeindesaal ein erster, digital aufgezeichneter Gottesdienst übertragen. „Ein Video-Preview genau zur rechten Zeit“, findet Pfarrerin Eva Leonhardt.
So ganz unbeachtet wollte der Kirchengemeinderat das so bedeutende Gebäude dann doch nicht zur Nutzung frei geben. Zum Abschluss einer ersten Zusammenkunft in den neuen Räumlichkeiten stießen die Teilnehmer am späten Freitagnachmittag mit einem Glas Sekt „auf das Haus und all die Menschen, die es mit Leben füllen“ an. Pfarrerin Eva Leonhardt erbat sich „Gottes Segen auf allem, was wir in und mit dem neuen Gemeindehaus erleben“.
Wann die offiziellen Einweihungsfeierlichkeiten für das neue „Martin-Luther-Haus“ nachgeholt werden können, ist vom weiteren Verlauf der Corona-Pandemie, sowie der Dauer der behördlichen Schutzmaßnahmen abhängig. Ohnehin waren die Außenanlagen auch Anfang Juni noch nicht vollständig fertig gestellt, und die Bäume können wohl auch erst im Herbst angepflanzt werden.
Architektur erinnert an „Zwei-Reiche-Lehre“ von Martin Luther
Der auf 1.647 Quadratmeter kircheneigenem Grund am „Martin-Luther-Weg“ entstandene versetzte Baukörper beeindruckt durch seine kleinteilige Kubatur und eine architektonisch neu formulierte Dachform. Der ebenerdige, eingeschossige Baukörper ist barrierefrei. Holz in Form von Schatten spendenden Lamellen und ein sandfarbener Farbton beim Außenputz korrespondieren mit der dörflich geprägten Umgebung.
Die Architektur der zur Kirche und dem Rathaus ausgerichteten Firste erinnert an die „Zwei-Reiche-Lehre“ des Reformators Martin Luther, nämlich eine Trennung von Kirche und Staat, deren Binnenverhältnis aber ein paralleles, sich unterstützendes Miteinander nicht ausschließt.
Der große Saal im westlichen Trakt verfügt über eine Fläche von 146 Quadratmeter und ist teilbar. Dank einer zu öffnenden mobilen Trennwand kann das gesamte Foyer mit eingebunden werden. Der schräg verlaufende First und die schräge Seitenwand verleihen dem Innenraum einen interessanten Charakter. Er nimmt die Vorteile des Sonnenverlaufs auf, so dass auch bei Teilung optimale Belichtungsverhältnisse gegeben sind. Je nach Bestuhlungsvariante sind in dem Saal bis zu 120 Tischplätze möglich.
Im zurückspringenden östlichen Baukörper befinden sich Lager- und Technikräume, WC-Anlage und ein großer Jugendraum für die CVJM mit direktem Ausgang zum angrenzenden Freibereich. Nach vorne hin ist die mit funktionalem Gerät ausgestattete Gastro-Küche platziert. Ihre Lage lässt es zu, bei Veranstaltungen auch den vorderen Außenbereich zu bewirten.
Das Gebäudedach ist mit bronzierten Blechschindeln eingedeckt. Glasdachelemente verbinden den zweigliedrigen Baukörper. Rundum angeordnete, energetisch hochwertige Fenster sorgen für viel Tageslicht. Auch an einen beweglichen, außen verlaufenden Sonnenschutz aus Holzschiebeläden ist gedacht, der allerdings erst bis Ende Juni montiert wird.
Im Foyer ist der bei einem Baustellen-Gottesdienst mit bunten Mosaiksteinen ausgestaltete Rohling eines Kreuzes in die Wand eingelassen. Ein sichtbares Zeichen, dass alle am Gemeindeaufbau beteiligt sind und sich jeder Einzelne mit seinen Ideen und Vorschlägen einbringen konnte.
Gebäude und Außenanlagen bilden eine Einheit
Der mit Ökopflaster befestigte Vorplatz am Eingangsbereich wirkt großzügig und einladend. Eingebettete Pflanzbeete mit dekorativem Lavendel, Laub- und Apfelbäumen sollen Farbe und Abwechslung in die Pflasterflächen bringen. Der Saal lässt sich durch Öffnen der Glasfront optimal mit diesem Platzbereich verbinden. Der überdachte Eingang ist zentral angeordnet. Noch zu pflanzende Ligusterhecken schirmen das Gemeindehaus zur Nachbarschaft ab.
Die Gebäuderückseite öffnet sich zu einem geschützten, in zwei Ebenen angelegten Außenbereich. Er ist über die großflächig zu öffnende Glasfront auch aus dem Gebäudeinneren gut einsehbar.
Nachhaltig und dem modernsten technischen Standard entspricht die Haustechnik. Eine im Saal verlegte Induktionsanlage ermöglicht es Menschen mit Hörproblemen, Gottesdiensten und Vorträgen gut zu folgen. Beheizt wird das Haus mit einem Gasbrennwertgerät mit Brennstoffzelle und Fußbodenheizung. Eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung für die Grundlüftung sorgt für ein angenehmes Raumklima und einen optimalen Gebäudeschutz. LED-Licht mit Präsenzmeldern ist ebenfalls Norm. Ein Dutzend Besucherstellplätze sind vor dem Gebäude angeordnet. Auch ein Fahrrad-Abstellplatz für etwa zehn Velos darf nicht fehlen. Das anfallende Regenwasser fängt ein unterirdisch angelegter Pufferspeicher, eine so genannte Rigole, zum Versickern auf.
Die Projektkosten belaufen sich auf voraussichtlich 1,67 Millionen Euro, welche von der Landeskirche hälftig übernommen werden. Die politische Gemeinde gewährt einen Zuschuss von 175.000 Euro. Die Barrierefreiheit des Gemeindehauses unterstützt die bundesweit bekannte „Aktion Mensch“ mit 90.000 Euro. Für Planung und Bauleitung war das Reilinger Architekturbüro Eberhard Vögele verantwortlich. (jd)
Fotos: Alois Heiler