Ortsgeschichte

Die Windhose von Reilingen
Luftströmung in einem Tornado

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Teil 1

"Ein sehr merkwürdiges und in seiner Art sehr seltenes und sehr wenig gekanntes Naturereignis hat kürzlich in unserer Nähe stattgefunden. Eine Windhose ist mit den sichtbarsten Wirkungen, mit der zerstörendsten Gewalt mitten durch eine weite, waldreiche Ebene gezogen, aus der Nähe von Graben und Waghäusel nämlich, bis an die Bergstraße zwischen Heidelberg und Schriesheim, und hat selbst noch weit im Odenwald durch bedeutende Beschädigungen sich sichtbar gemacht".

So beschrieb der in Schwetzingen lebende Wissenschaftler und Naturforscher Dr. Karl Friedrich Schimper die Katastrophe, bei dem besonders, unsere Gemeinde Reilingen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Am Dienstag, den 29. Juli 1845, fegte zwischen 11.00 und 12.00 Uhr mittags ein gewaltiger Wirbelsturm (Tornado) in nordöstlicher Richtung über die Rheinebene hinweg und streifte dabei unsere Gemeinde.

Solche Tornados kommen hauptsächlich im Mittleren Westen der USA vor. Dort werden zwischen 700 und 800 davon jährlich registriert. Aber auch bei uns in Mitteleuropa werden jedes Jahr mehrere Dutzend der kleinräumigen Wirbelstürme beobachtet.

Sie werden auch als Tromben oder Windhosen bezeichnet. Einer der schwersten dieses Jahrhunderts ereignete sich am Abend des 10. Juli 1968. Dieser Tornado entwickelte sich am Rande der Rheinebene und zog ostwärts über den Nordschwarzwald. Dabei wurden besonders die Gemeinden Ottenhausen (Schwarzwald) und die Stadt Pforzheim betroffen.

Bei uns in Mitteleuropa entstehen diese Wirbelstürme, wenn feuchtwarme Subtropikluft aus dem Mittelmeer zu uns kommen und beispielsweise auf kalte Luft in höheren Lagen stößt. Dabei können leicht rotierende Luftbewegungen am Boden so verstärkt werden, dass sich ein richtiger Wirbelsturm bildet. Er sieht aus wie ein weißer Schlauch, der vom Boden bis zu den Wolken reicht. Das Gefährliche dabei ist, dass in der Mitte des Trichters die Luft mit ungeheurer Kraft nach oben strömt und alles mit sich reißt, was ihm in die Quere kommt.

Doch nun wieder zurück zu der "Windhose von Reilingen", die in der Mitte des letzten Jahrhunderts so großen Schaden bei uns angerichtet hat. Karl Friedrich Schimper hat diesen Wirbelsturm beobachtet und ausführlich beschrieben. Er veröffentlichte dies unter dem Titel "Die Windhose von Reilingen".

Begonnen hat dieser "Tornado" in der Nähe von Graben und zog in nordöstlicher Richtung über die Rheinebene bis Dossenheim. Seine letzten Auswirkungen wurden bei Flockenbach im Odenwald registriert. Er hat dabei eine ca. 40 km lange und bis zu 200 m breite Schneise der Verwüstung hinterlassen. Dort, wo er durch den Wald kam, wurden die Bäume entwurzelt oder abgebrochen. Im Freien zerstörte er Obstbäume, verwüstete Hopfenpflanzungen und wirbelte Getreidegarben, die noch auf dem Felde standen, in die Höhe und zerstreute sie in der ganzen Umgebung.
Als die Windhose sich Reilingen näherte, so berichtet Schimper, habe Waldhüter Schnabel gerade den Wald verlassen und sich in Richtung Reilingen begeben. Dieser beschrieb die Windhose als finsteren Trichter, der unter ungeheuerem Sausen und Brausen, Schmettern und Brechen, das man sich nicht erklären konnte, auf den Ort zukam. Er glaubte, ein Eisenbahnzug käme daher oder die Zuckerfabrik in Waghäusel brenne. Zum Glück erreichte er gerade noch eines der ersten Häuser, die nicht von der Windhose erfasst wurden, wahrscheinlich im "Unterdorf".

Bernhard Römpert, Repro BR
Fortsetzung folgt
( 22.09.2008 - 10:35)

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