Aus dem Rathaus

Die Partnerschaft zwischen Reilingen und Jargeau ist volljährig geworden
Austausch der Gastgeschenke

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Wer die Gelegenheit hatte, bei der viertägigen Partnerschaftsbegegnung zwischen Reilingen und Jargeau dabei zu sein, der muss es gespürt haben: Längst verbindet die Menschen beider Gemeinden mehr als nur zwei Unterschriften auf einer offiziellen Erklärung.
Bereits beim Eintreffen des Busses aus Jargeau am Abend des Himmelfahrtstages konnte man feststellen, dass sich hier nicht lediglich Menschen aus den Partnergemeinden begrüßen, sondern sich vielmehr Freunde in die Arme schließen. Nach acht Stunden Fahrt bei regnerischem Wetter waren die Franzosen froh, endlich aus dem Bus aussteigen zu können. Von allen Seiten war sogleich ein freudiges „Hallo!“ zu hören, wurden Küsschen ausgetauscht und viele Hände geschüttelt. Selbst das ungemütliche Wetter an diesem Abend konnte der Wiedersehensfreude nichts anhaben. Mit der 60-köpfigen Gruppe aus Jargeau reisten nicht nur Bürgermeister Thierry Brunet und Altbürgermeister François Landré, sondern erfreulicherweise auch viele Jugendliche, die erstmals ihre deutsche Partnergemeinde besuchten.
Im Foyer der Sporthalle hieß man die Gäste zunächst mit einem Begrüßungsumtrunk willkommen, bevor es nach Hause ging, wo in den Familien das Abendessen eingenommen wurde. Eine Schifffahrt durch das romantische Neckartal stand am Freitag auf dem Programm. Die Wetterverhältnisse waren nicht gerade ideal an diesem Morgen, dicker Nebel hing über Reilingen, als der Bus nach Heidelberg aufbrach. Doch wie bestellt klarte der Himmel rechtzeitig auf, als das Schiff ablegte und alle genossen bei strahlendem Sonnenschein die herrliche Fahrt nach Neckarsteinach.
Der Nachmittag konnte für einen Bummel durch die Heidelberger Altstadt genutzt werden, ehe man wieder zurückkehrte nach Reilingen und den Tag bei einem gemeinsamen Essen ausklingen ließ.

Festabend im Josefshaus

Den Höhepunkt der jährlichen Begegnungen stellt jedoch zweifelsohne die offizielle Feier am Samstagabend dar. Monatelang hatten die Reilinger diesen Festabend geplant und organisiert. Viele Ideen von der Dekoration des Festsaals im Josefshaus bis zum feinen Menü, das die Löwenwirtin Andrea Evans den Gästen servierte, mussten durchgesprochen werden. Doch schon beim Betreten des Saals wurde klar: alle Mühen hatten sich gelohnt. Alles war wunderschön mit Luftballons in schwarz-rot-gold und blau-weiß-rot dekoriert, die wie Fesselballons über den blumengeschmückten Tischen schwebten.
Die Musikfreunde Reilingen eröffneten musikalisch den Festakt, bevor Peter Hancke, der Vorsitzende des Freundeskreises, die Gäste willkommen hieß.
Ganz auf den 50. Geburtstag Europas eingestellt, zeigte sich Bürgermeister Walter Klein in seiner Ansprache. „Noch nie zuvor in der Geschichte gab es zwischen Ländern, die heute zur Europäischen Union gehören, keinen Krieg“, richtete der Bürgermeister ermutigende Worte an die Gäste. Er erwähnte, was in dieser Zeitspanne alles erreicht wurde, wie zum Beispiel der geringe bürokratische Aufwand, in ein anderes EU-Land zu reisen oder aber auch dort zu leben und zu arbeiten. Aber auch die kommunalen Verbindungen bedachte Walter Klein in seiner Rede „auch nach 18 Jahren Partnerschaft kommen wir uns noch immer näher und können noch vieles voneinander lernen“. Er dankte allen, die sich auf beiden Seiten für die Partnerschaft einsetzen bevor er unter großem Beifall mit den Worten „hegen und pflegen wir unsere Partnerschaft weiterhin so, dass sie wächst und gedeiht unter dem Dach eines fortschrittlichen Europas.“
Auch der französische Kollege von Walter Klein, Bürgermeister Thierry Brunet, richtete in einer gefühlvollen Rede das Wort an die Gäste: „Seit 18 Jahren erklingt nun der Name Ihrer Gemeinde bei uns wie der einer engen Freundin“. Zu verdanken sei dies den beiden Begründern der Partnerschaft, den früheren Bürgermeistern Helmut Müller und François Landré, die sich auch unter den Gästen befanden und sich - wie es üblich ist bei alten Freunden – am Tisch gegenübersaßen. „Sie sind für Reilingen und Jargeau, was Konrad Adenauer und Charles de Gaulle für Deutschland und Frankreich bedeuten“ meinte Thierry Brunet und verließ unter heftigem Beifall mit den Worten „Es lebe unsere Partnerschaft!“ die Bühne.
Das im Anschluss von den Musikfreunden dargebotene Medley war ganz auf die französischen Gäste abgestimmt und kam „hörbar“ beim Publikum an. Zu bekannten Chansons der unvergessenen Edith Piaf wie „La vie en rose“ oder „Mylord“ wurde mitgesummt und mit den Füßen gewippt. Dann betraten die Vorsitzenden der Freundeskreise, Peter Hancke und Françoise Oberson, für eine kurze Ansprache die Bühne. Nach Hanckes Worten „Ich bin stolz, heute die Volljährigkeit unserer Partnerschaft zu feiern!“ wurden die Gastgeschenke ausgetauscht. Da die Franzosen mittlerweile auch die deftigen Spezialitäten der Region kennen- und schätzen gelernt haben, hatten sich die Reilinger etwas Besonderes einfallen lassen. Ein Kochbuch mit selbst zusammengestellten Rezepten wie Maultaschen und Buwespitzle oder auch dem berühmten Reilinger Käsekuchen wurde zusammen mit einer Schürze, in die der Vorname eines jeden Komiteemitglieds eingestickt war, überreicht.

Bürgermeister Thierry Brunet hatte seinem Reilinger Kollegen einen gallischen Hahn aus Keramik mitgebracht, neben der „Marianne“ ein wichtiges Nationalsymbol des französischen Volkes.
Wer glaubte, der Abend sei gelaufen, nachdem die Musikfreunde die Europahymne gespielt und alle sich am Büffet mit exzellenten Speisen bedient hatten, sah sich getäuscht. Das ganze Publikum war gefordert bei einem kurzweiligen Spiel, bei dem den auf der Bühne sitzenden Rateteams aus beiden Gemeinden Sprichwörter pantomimisch dargestellt werden mussten. Dass dies gar nicht so einfach war, stellte man gleich anfangs fest. Wer es nicht glaubt, sollte mal probieren, das Sprichwort „sich aufs hohe Ross setzen“ ohne Worte darzustellen! Wild gestikulierend gab das Publikum alles, und jeder machte mit. Das Team, das als erstes das vom Publikum zum Teil mit wilden Gesten dargestellte Sprichwort als erstes erriet, musste in ein Signalhorn pusten. Schon allein diese Aufgabe diente zur allgemeinen Erheiterung.

Am Ende hatten die Franzosen die Nase vorn und konnten ihren Siegerpreis entgegennehmen. Ein weiterer Höhepunkt folgte mit dem Auftritt der „wilden Kerle“ aus dem Urwald. Das Männerballett der Freien Wähler, unter der Leitung seiner Trainerin Bärbel Danner, riss mit seinem Tanz einmal mehr die Gäste zu Begeisterungsstürmen hin.
Dass auch sonst ausgiebig Gelegenheit bestand, selbst eine flotte Sohle aufs Parkett zu legen, dafür sorgte ein DJ, der für alle das Richtige dabei hatte. So klang ein wunderbarer Abend erst in den frühen Morgenstunden aus.
Entsprechend müde Gesichter sah man dann bei der Abfahrt des Busses am Sonntagmorgen. Oder war es mehr der Abschiedsschmerz? Wie dem auch sei – spätestens in einem Jahr gibt es ein Wiedersehen in Jargeau.

Gewachsene Partnerschaft
Achtzehn Jahre ist es nun her, seit die damaligen Bürgermeister François Landré und Helmut Müller mit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde beschlossen, die Menschen beider Gemeinden zusammenzuführen und am „Bau des Hauses Europa“ tatkräftig mitzuwirken.
Die anfängliche Scheu und die Verkrampftheit bei den ersten Begegnungen ist längst einem tiefen Vertrauen gewichen, aus „den Deutschen und den Franzosen“ sind nicht nur Partner, sondern gute Freunde geworden. Zwar gibt es auf beiden Seiten noch ein paar „Holpersteine“, zumindest, was die Sprache angeht, aber das stellt kein Problem dar. „Ich kann zwar kein Französisch, aber wir verstehen uns prima!“ hört man immer wieder bei den Reilingern, und auch in Jargeau sieht man es gelassen mit der Sprachbarriere.
Doch auch 18 Jahre Partnerschaft dürfen nicht dazu verleiten, die Hände in den Schoß zu legen, das wurde bei allen Begegnungen an diesem Wochenende deutlich. Das Interesse, die Neugier auf das Partnerland und die jeweiligen Lebensumstände muss wach gehalten werden, denn noch immer gibt es, vor allem für die Jugend, viel Neues zu entdecken. Die Jugendlichen aus Jargeau, die jetzt zum ersten Mal ihre Partnergemeinde Reilingen besucht hatten, stellten auch schnell viele Gemeinsamkeiten mit den deutschen Partnern fest. Im Vorfeld der Begegnung wurde bereits im Schulunterricht eingehend über die EU Organe und auch die neuen Mitgliedsstaaten Bulgarien und Rumänien gesprochen.

Und auch bei der gemeinsamen Sitzung der Partnerschaftskomitees beschloss man, die Jugend und die Schulen noch stärker als bisher einzubinden. Von Seiten der Schule in Jargeau wurde bereits signalisiert, dass großes Interesse am gegenseitigen Austausch besteht. Mit Hilfe von finanziellen Mitteln der EU, die auch die diesjährige Partnerschaftsbegegnung mit einem Zuschuss unterstützt, lassen sich die geplanten Vorhaben wesentlich leichter verwirklichen.
Reilingen und Jargeau können wirklich stolz sein auf 18 Jahre gelebte Partnerschaft.
AB/Fotos: Karl Weibel
( 25.05.2007 - 10:36)

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