Ortsgeschichte

Die Geschichte von Wersau und die Anfänge von Reilingen
Reilingen, der Schafhof und Wersau aus der Karte 1776

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Teil 5: Wersauer Hof, Ehemalige Burg Wersau / Schloßmühle, Heutige Funde und Befunde


Wersauer Hof

Bereits im 17. Jahrhundert gab es einen Schafhof für die Burg. Aus einer Karte von 1695 lässt sich entnehmen, dass der Schafhof mit dem heutigen Wersauer Hof identisch ist, also nicht erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges 1649 bestand er aus einem zerfallenen Wohnhaus, einer großen Schafscheune, einer Dresch- und einer Hammelscheuer und weiteren zerstörten Gebäuden.
Der Wersauer Hof stand zunächst unter kurpfälzischer Verwaltung. Später wurde er von Schwetzingen aus verwaltet und lediglich ein herrschaftlicher Wiesenknecht war noch in Reilingen eingesetzt. Nach der Auflösung des Herrschaftsbesitzes war der Wersauer Hof zunächst in bäuerlichem Eigentum. Um die Wende zum 20. Jahrhundert übernahmen die Freiherren von Wamboldt das Hofgut, das schließlich 1927 an die evangelische Pflege Schönau verkauft wurde. In deren Besitz ist die Hofanlage noch heute.


Ehemalige Burg Wersau / Schloßmühle

Auf dem Gelände der Wasserburg stand mindestens seit dem 17. Jahrhundert eine Mühle. Der heutige Baubestand ist im wesentlichen vom 1911. Die Betriebseinstellung war 1959. Das Hauptgebäude wird von einer Großhandelsfirma genutzt. Das Maschinenhaus mit Schornstein ist noch erhalten.

Die Existenz der Burg Wersau ist seit 1155 belegt, sie dürfte jedoch um einiges älter und ehemaliger Königsbesitz sein. Genauere Aussagen zur Frühgeschichte der Burg lassen allerdings nur die archäologischen Zeugnisse erwarten. Die Burg wurde 1622 und 1689 zerstört und damals als Steinbruch genutzt.

Die Mühle bei der Burg ist von 1596 an belegt, bestand wohl aber schon länger. Die Reste der Mühle und der Burg sind als wertvolle Geschichtszeugnisse zu werten. Sie bilden zusammen mit der heutigen sg. Schoßmühle ein Denkmal, dessen Erhaltung aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen im öffentlichem Interesse steht.


Heutige Funde und Befunde

Archäologische Grabungen wurden bisher bei der Burg nicht durchgeführt. Angeregt von Luftbildern fanden aber intensive Feldbegehungen statt, die auf den Feldern zwischen Burg und Schafhof mittlerweile viele Tausend Keramikscherben erbrachten. Dass keine Funde vor das 13. Jahrhundert datieren, obwohl die Burg ja vermutlich viel älter ist, darf nicht verwundern, da das Material ja nicht direkt aus der Burg, sondern aus einiger Entfernung stammt.

Des weiteren sind große Mengen an Hohlziegeln und ursprünglich aus dem Hunsrück oder Rheinischen Schiefergebirge stammender Dachschiefer zu nennen. Gerade dieser Dachschiefer ist in unserem Raum bei mittelalterlichen Zusammenhängen eher selten anzutreffen, wie auch die Ziegelmauerung der Burg Wersau. Schließlich sind noch diverse Funde von Schalen der Gemeinen Flußmuschel (Unio crassus) zu erwähnen.

Bei Baumaßnahmen im Westteil der Burg zeigten einen Einblick. Aufgeschlossen waren dort anmoorige Schichten, in die ein Pfahlrost aus Weichhölzern eingetrieben worden war, auf dem eine Mauer gegründet wurde. Auch eine zweite Mauer ohne Pfahlrost war angeschnitten worden. Es traten zwei fundreichere Schichten auf. Die untere, ein fetter Lehm, führte Keramik des späteren 13. Jahrhundert mit Resten von Kochtöpfen, Becherkacheln, Hohlziegeln, einem Signalhorn und einzelnen, gelbtonigen Backsteinen. Darüber lag eine Schurrschicht mit vielen Hohlziegeln, Dachschiefer, Becherkacheln, Viereckkacheln, glasierten Ofenkacheln, roten Backsteinen und Keramik aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhundert Das Fundspektrum der Keramik ist dem der Aufsammlungen auf den Feldern sehr ähnlich. Da der Anteil von glasierter Keramik - abgesehen von Bruchstücken der Ofenkacheln - deutlich unter 1 % liegt, kommt eine Datierung 1504 oder sogar 1525 nicht in Frage.

Mit zahlreichen Bruchstücken vor allem mit importierten Gefäßen aus "getauchter Dieburger Ware", Protosteinzeug und echtem Steinzeug sind Funde präsent, die - wie auch Funde von Signalhörnern - nicht zum Repertoire einfacher ländlicher Siedlungen des Spätmittelalters gehören, sondern in der Regel auf Burgen vorkommen. Verstärkt wird der Eindruck vom gehobenen Lebensniveau der einstigen Nutzer noch durch die Funde von glasierten (und reliefierten) Ofenkacheln (darunter einem sehr frühen Stück), die einst Repräsentationsobjekte vermögender Bürger, Kleriker und Adeliger darstellten.

Die Funde machen deutlich, dass schon früher an der Burg mit Backsteinen gebaut worden sein muss. Die Luftbilder zeigen zwischen der Burg und dem nordöstlich gelegenen Schafhof eine Fülle von verschiedenen Strukturen. Am auffälligsten sind zwei halbkreisförmige, dunkle Verfärbungen im Abstand von ca. 30 m: Sie umschließen den Ostteil der Burg. Es könnte sich um Verteidigungsgräben handeln, die später mit Oberböden verfüllt wurden und deshalb als positive Bewuchsanomalie heute hervorstechen.
Ein weiteres Bündel von Gräben zieht sich in nordöstlicher Richtung vom Schafhof zur Burg. Deren parallele, z.T. auch fächerförmige Anordnung spricht gegen Wehrgräben; hier ist eher an verschieden alte Wegführungen zu denken. Südlich und nördlich des Schafhofs verlaufen unterschiedlich breite Verfärbungen, die z.T. alte Wege sein mögen; die breiteren dürften alte Bette des Kehrgrabens sein. Letztendlich fallen runde, wenige Meter durchmessende Strukturen auf, bei denen es sich entweder um Gruben oder aber um alte Baumstümpfe handeln kann.

Fortsetzung folgt
( 27.08.2007 - 09:44)

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Umzeichnung der Luftbildbefunde bei der Burg WersauUmzeichnung der Luftbildbefunde bei der Burg Wersau, die Abbildung wurde freundlicherweise vom Landesdenkmalamt zur Verfügung gestellt

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